Selten trat mein ambivalentes Verhältnis zum FC Bayern so offen zu Tage, wie gestern während der Champions League Partie gegen Inter Mailand. Einerseits wollte ich sehen wie wir, genau wie vor ca. 7 Monaten beim 1:4 Desaster gegen AC Mailand, wieder einmal im Giuseppe-Meazza-Stadion einen spielerischen Offenbarungseid auf europäischer Bühne leisten. Die Graupenspiele in der Bundesliga gegen Bielefeld, Aachen oder im Pokal gegen St. Pauli muss Resteuropa ja nicht ertragen – sondern wir Bayern-Trottel im Stadion oder vor dem Fernseher. Andererseits freue ich mich natürlich besonders über Siege gegen große Mannschaften, oder eben solche die sich für ebensolche halten. Etwas Wolfsburg-Feeling im Europapokal, wenn man so möchte.
Vor dem Spiel hätte ich keinen Cent auf die Mannschaft gesetzt – aber so ist der Fussball manchmal.
Für Inter erwischte einen dieser Abende, an dem auch so rein gar nichts klappt. Der italienische Meister wirkte im Spielaufbau fahrig und unkonzentriert. Bayern stellte gut die Räume zu und war die aktivere Mannschaft auf dem Platz. Doch außer mehr Ballbesitz sprang für unsere Jungs in der ersten Hälfte wenig mehr raus, als eine Chance von Makaay, der nach schönem Pass von Ottl alleine vor dem Inter-Tor, doch Cesar hatte etwas gegen eine Gästeführung und parierte den Schuss mit dem Fuß. Auf der Gegenseite gab es eine ähnliche Chance für Ibrahimovic, dessen Chance Oliver Kahn ebenfalls vereitelte. Ansonsten gab es wenige Torraumszenen, da vor allem der Bayernangriff uninspiriert und konzeptlos wirkte.
Einzig und allein Andreas Ottl ist positiv aufgefallen, da der Youngster eigentlich als defensiver Mittelfeldspieler für das Abräumen zuständig, immer wieder versuchte das Offensivspiel anzukurbeln ohne seine Defensivaufgaben nennenswert zu vernachlässigen. Womöglich lag es an seinem immensen Einsatz und seiner Laufbereitschaft an diesem Abend, dass Mark Van Bommel besonders blass wirkte. Die Laufgeschwindigkeit der neuen Nr. 17 glich eher einem besoffenen Yeti auf Dope als einem Mittelfeldantreiber. Seine lichten Momenten beschränkten sich auf erfolgreiche Zuspiele vor dem Sechzehner verbunden mit einer marginalen Erhöhung der Trabgeschwindigkeit. Meistens verfiel er danach in eine angenehmeres Gehtempo und sah oft zu wie seine Mitspieler sich festrannten, anstatt nach sich nach dem eignen Pass weiter nach vorne zu begeben.
Das die Harmlosigkeit der Bayern vor dem Tor nicht bestraft wurde ist vor allem Oliver Kahn zu verdanken. Denn selbst mit einem Mann weniger auf dem Platz (nach einer Gelb-Roten Karte für Ibrahimovic) kam Inter durch Crespo noch einmal frei vor dem Tor zum Schuss, den der Bayern-Torwart aber glänzend parierte. Ab diesem Moment wusste ich: Verlieren werden wir heute nicht.
Das wir nach 18 langen Jahren wieder gegen Inter gewannen, lag außer der konzentrierten Arbeit in der Abwehr, am Zufall der Claudio Pizarro neun Minuten vor Spielende zu Hilfe kam. Von Makaay bedient, setzte er sich gegen Grosso durch und schaffte es irgendwie den Ball ins Tor zu fummeln. Inter war damit restlos bedient. Gingen die Italiener schon die gesamte Spielzeit über den Bayernspielern fast nur auf die Knochen, ließen Sie nach dem Rückstand ihren angestauten Ärger vollends freien Lauf. Fabio Grosso rammte 5 Minuten vor Schluss direkt vor der Bayernbank Willy Sagnol den Ellenbogen ins Gesicht und flog völlig zu Recht vom Platz. Uli Hoeness wurde ebenfalls von der Bank auf die Tribüne geschickt, da er Grosso und die Inter-Offiziellen beleidigte. „Ich habe ihn (Sagnol) geschützt und dann alle Betreuer und Trainer von Inter darauf hingewiesen, was das für ein Fußball ist, den sie da zeigen“ sagte Hoeness nach dem Spiel. Besonders ärgerte sich der Bayern Manager über das brutale Foul von „WM-Held“ Marco Materazzi an Lucio, was von Schiedsrichtergespann leider ungeahndet blieb.
Nach dem Getümmel wurde Lukas Podolski noch eingewechselt und nach einer guten Schusschance zwei Minuten vorher, stellte er nach einem Fehler von Cordoba den 2:0 Endstand her, indem er Cesar ausspielte und dann wie zu besten Zeiten einschob.
Mit einem erkämpften zweiten Sieg im zweiten Spiel ist der Gruppensieg nun ein realistisches Ziel der Bayern in der Champions League. Allerdings fehlt es immer noch an Ideen und Engagement im Offensivspiel, die Schwierigkeiten im Spielaufbau sind unübersehbar. Für meinen Geschmack landen immer noch zu viele Pässe in der Botanik anstatt beim Mitspieler, daran sollte dringend gearbeitet werden. Vor allem von Van Bommel muss hinter den Spitzen mehr kommen. Die Umstellung auf das 442-System mit Offensivem Mittelfeldspieler halte ich für den richtigen Weg, da Santa Cruz nicht mehr spielt wir im Mittelfeld besser stehen.
Alle Konzentration sollte sich jetzt auf das Spiel in Wolfsburg richten denn, wie Kahn bereits schon erwähnt hat, ist dieser gewinnt dieser Sieg aan Bedeutung wenn es Bayern gelingt am Samstag zu gewinnen. Erst dann war das eine ansprechende kämpferische Leistung gegen einen desolaten italienischen Meister, aus dem sich das nötige Selbstvertrauen für wirklich große Ziele tanken lässt.
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