EM 2008: Halbfinale Deutschland – Türkei
oder „Für wen bist du denn, Yalcin?“

Schon in der Nacht des Viertelfinalsieges der Türkei gegen Kroatien (ich war auf einer Geburtstagsparty) wurde ich gefragt: „Na, für wen bist du denn im Halbfinale?„. Je näher das Halbfinale rückte, desto häufiger wurde ich als türkischstämmiger Deutscher von Bekannten und Kollegen abgeklopft, als ob man bis vor Spielbeginn wissen müsste wer auf welcher Seite steht oder wo die Demarkationslinie für Sticheleien zu ziehen ist.

Diese Frage stellen mir eigentlich nur Menschen, die mich höchstens oberflächlich kennen. Dabei ist es bei mir beinahe schon zu einfach:

Hier geboren, durch Paul Breitners Bart und Karl-Heinz Rummenigges-Tore auf Fussball hängengeblieben, von solchen gewaltigen Kopfballtoren von Hrubesch und tollen Dribblings a la Littbarski auf unserem Hartplatz geträumt, im Sommer 1986 gemeinsam mit Rolf KramerToni halt den Ball – nein!“ gerufen, nur um vier Jahre später die Holländer zu verfluchen und am Ende Matthäus, Klinsmann und Völler zu vergöttern und süße Rache an den Argentiniern zu nehmen…

Wie könnte ich bei all dem Ganzen jemals für ein anderes Land sein (auch wenn ich südländisch aussehe, Yalcin als Vornamen trage und braune Augen habe)?

Trotzdem will ich heute ein faires, spannendes Spiel sehen bei dem es am Ende einen verdienten Sieger gibt. Danach wird gemeinsam gefeiert, ganz egal wer dann im Finale steht.

EM 2008: Österreich – Deutschland 0:1

Nach dem dritten Spiel der Vorrunde dürfte klar sein, wie schlecht es um unsere Nationalelf steht. Gestern bestand der Unterschied zwischen dem Gastgeber und uns aus dem Sonntagschuss am Montag vom Capitano.

Spielerisch arm, läuferisch schwach und mit einem harmlosen Sturm war das ganz eng gegen Österreich und im Viertelfinale gegen Portugal am Donnerstag wird das in dieser Art und Weise ganz ganz übel werden.

Ein schneller Überblick über die Mannschaftsteile bereit schon enorme Kopfschmerzen:

Lehmann und seine Abwehr sind immer für einen Gegentreffer gut, da die ganze Abwehr, allen voran aber Metzelder nicht auf der Höhe des Geschehens scheint, bzw. nur in seltenen Momenten souverän wirkt. Vielleicht hätte Löw doch keine(n) Dauerverletzten mitnehmen sollen.

Das Mittelfeld zeigt sich ohne jeglichen Spielwitz. Ballack und Frings sind beschäftigt die vielen Löcher vor der Abwehr abzudichten. Die Aussen mit Podolski und Fritz genügen nicht den hohen Ansprüchen bei einer Endrunde. Podolski arbeitet zu wenig nach hinten mit, Fritz ist zu berechbar in seinen offensiven Aktionen.

Die Stürmer laufen allesamt ihrer Normalform hinterher. Okay, bei Klose ist das ja nichts Neues, aber warum Gomez in den drei Spielen so völlig neben der Spur war ist mir unerklärlich.
Bei Klose gestern ist mir so einige Mal der Hut hoch gegangen. Er schiesst wenn er passen soll und vice versa. Wen es mal darauf ankommt den Ball mit aller Macht in Richtung Tor zu prügeln, bringt Klose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen seiner schwulen Aussenristpässe.
Wenn es darauf ankommt etwas überraschendes zu tun oder mal mit- bzw. sich freizulaufen, ist man momentan mit diesem Mann auf hoffnungslos verlorenem Posten.

Wie es scheint wurde unsere Mannschaft gnadenlos überschätzt. Die frühe Qualifikation zusammen mit der immer noch vorhandenen WM-Gefühlsduselei hat uns Sand in die Augen gestreut und Löw wohl auch was ins Essen, denn ginge es nach dem vom Nationaltrainer immer wieder erwähnten Leistungsprinzip, würde der Kader ganz anders aussehen.

Man kann nur hoffen, daß Portugal gnade mit uns hat und am Donnerstag die Qual beendet..

EM2008: Verdacht auf Unterschenkelbruch bei Franck Ribéry

Scheiße! Scheiße! Scheiße!
In der 8. Minute des Spiel Frankreich gegen Italien verletzte sich Ribéry.
Verdacht auf Unterschenkelbruch (links) bei dem kleinen Franzosen.

Ich tippe mal schweren Herzens auf ein halbes Jahr ohne ihn :-(
Klinsmann sollte sich schnellstens etwas einfallen lassen.

UPDATE: Doch nicht! Wohoo! :-) Wohl „nur“ eine schwere Verstauchung! *puh*
Danke an Björn für die Info :)

Der ultimative EM-2008-Song:
Die Fraktion: Schwarz Rot Gold

Fussballsongs sind immer so eine schwierige Sache… Entweder passt die Musik nicht, die Texte sind daneben oder die Beleidigungen gehen unter die Gürtellinie.

Bei diesem Song stimmt aber so ziemlich alles: Die Gitarre sägt gut an der Schädeldecke, der Mitgröhlfaktor ist angenehm hoch und die Beleidigungen sind ganz gelungen.

Jetzt müssten wir nur noch besser Fussball spielen, dann wärs perfekt.

EM 2008: Elfmeterschießen nach dem letzten Gruppenspiel?

Bisher an mir vorbeigegangen, aber nachdem es Kerner in der Nachbetrachtung des SchweizTürkei Spiels erwähnte kam ich ins Grübeln. Denn spielen am letzten Spieltag der Vorrunde Tschechien und die Türkei unentschieden, gibt es erstmals ein Elfmeterschießen in einem EM-Gruppenspiel. 11m? Warum das denn?

Grundlage dafür ist Absatz 7.08 des EM-Reglements. Darin steht nämlich:

Treffen zwei Mannschaften im letzten Gruppenspiel aufeinander, die dieselbe Anzahl Punkte, die gleiche Tordifferenz und dieselbe Anzahl Tore aufweisen, und endet das betreffende Spiel unentschieden, wird die Platzierung der beiden Mannschaften durch Torschüsse von der Strafstoßmarke ermittelt, vorausgesetzt, dass keine anderen Mannschaften derselben Gruppe nach Abschluss der Gruppenspiele dieselbe Anzahl Punkte haben.

Find´ ich ganz gut. Alle anderen Alternativen (Verlängerung, Golden/Silver-Goal, Fair-Play-Wertung, Koeffizient aus dem Qualifikationswettbewerben oder sogar der Losentscheid) ziehen das ganze Unnötig in die Länge, oder basieren auf Taten in der Vergangenheit.

Was im sportlichen Vergleich zählen sollte ist aber das hier und jetzt. Das 11m-Schießen bietet beiden Mannschaften die gleichen Chancen und garantiert jede Menge Spannung.

Mal schau´n ob es heute auch dazu kommt.

EM2008: Kroatien – Deutschland 2:1 (1:0)

Die Stimmung nach der Niederlage gestern Abend war bei uns unter aller Sau. Verständlich, ob der Kollektiven Leistungsverweigerung seitens der deutschen Nationalmannschaft. Einige Anwesende wähnten sich stellenweise bei der EM 2000 bzw. 2004 teleportiert. Ganz schwache Leistung.

Das war eine unglaublich behäbige, pomadige Vorstellung gegen engagiert und clever auftretende Kroaten. Zu keiner Zeit gelang es unserer Mannschaft die Initiative zu ergreifen und das Spiel zu kontrollieren.

In der Defensive offenbarten sich große Abstimmungsprobleme, viel wurde über die rechte Seite zugelassen, auf der Fritz und Lahm in der ersten Halbzeit gegen Rakitic, Pranjic und Kranjar kein Land sahen. Auf links stand Jansen völlig verlassen gegen Modric, Srna und Corluka, da Podolski keinerlei Abwehrarbeit verrichtete. Der Torschütze fand übrigens auch sonst zu keiner Phase ins Spiel.

An vorderster Front wurden Klose und Gomez schlecht eingesetzt, da die sich einerseits zu wenig bewegten, anderseits kamen die Anspiele und Flanken total unpräzise und ohne den notwendigen Druck. Trotzdem: Selten habe ich so einen harmlosen Sturm gesehen. Kloses Hemmungen den Ball – wenn es sein muss – auch mal mit dem Gegenspieler zumindest in Richtung Tor zu köpfen/schießen/treten sind mir ein Rätsel ohne Gleichen. Was können wir Bayern-Fans froh sein, noch einen Toni in der Mannschaft zu haben!

Kroatien hat es geschafft durch geschickte Positionswechsel unsere Mannschaft zu irritieren. Im Mittelfeld zeigten die Kroaten mehr Einsatz, liefen und kombinierten über Modric und Rakitic beinahe nach Belieben, da es auch Ballack und Frings nie gelang dazwischen zu gehen. Da waren die beiden vor allem gedanklich zu langsam.

Aber wie oben schon geschrieben: Das gilt für die gesamte Mannschaft. Niemand hat sich gestern mit Ruhm bekleckert. Das gilt ebenfalls für Jogi Löw. Was hat der Mannschaft im Vorfeld bzw. in der Kabine erzählt das Sie so aus der Spur war? Zu keiner Zeit haben seine Maßnahmen Wirkung gezeigt. Odonkor vor Schweinsteiger einwechseln? Hallo? Und warum verzichten wir nicht gänzlich auf uns zugesprochen Standards? Das würde dem Spielfluss zugute kommen.

Mir ist völlig schleierhaft wie das Trainerteam die Truppe bis zum letzten Gruppenspiel gegen Österreich aufpäppeln will. Das fehlende Charisma und Selbstvertrauen auf dem Feld lässt sich nicht so auf die schnelle einimpfen.

Egal. Montag wartet der im Turnier verbleibende, bis in die Haarspitzen elektrisierte Gastgeber, um Geschichte zu schreiben. Cordoba II – nichts weniger – wartet. Und das an meinem Geburtstag!

Ein Stückchen bedeutender (als WM): EM2008

Vor einigen Tagen murmelte ich es bereits in meinem nicht vorhandenen Vollbart und wurde nur dann lauter damit, wenn ich direkt auf die EM 2008 angesprochen wurde. Jetzt, da der Kicker ebenfalls damit rauskommt, quasi als Legitimation für mich, kann ich es ja endlich schreiben: Für mich ist der EM-Titel um einiges wertvoller als der WM-Titel.

Das immense weltweite Interesse an der EM (z.B. übertragen ESPN, ESPN2, ESPN Classic und ABC abwechselnd live) bestätigt den hohen sportlichen Stellenwert der EM.

Aber das liegt vor allem daran, dass aufgrund der knappen 16 (15) Startplätze beim Turnier, keine Graupenkicker aus (manchmal) exotischen, aber dafür letztlich chancenlosen Ländern mitmischen dürfen. Versteht mich nicht falsch: Trinidad & Tobago, Costa Rica, Togo, Iran oder Saudi Arabien haben zweifelsohne die WM 2006 bereichert, allerdings in erster Linie nur atmosphärisch.

Nicht das so etwas Ähnliches in diesem Sommer den wilden Österreichern, Türken und Rumänen nicht zutrauen würde, allerdings heben sich letztere nicht nur aufgrund der besseren Qualität im Kader von den Graupen ab, sondern sind vor allem taktisch um Längen besser geschult.

Keiner der EM-Teilnehmer kann eine Partie auf die leichte Schulter nehmen, denn jeder der Gegner steht gut organisiert in der Rückwärtsbewegung und Abwehr. Daher darf man sich auf wenig spektakuläre, aber nicht weniger packende Abnutzungskämpfe freuen, bei denen es den Teams erst einmal darauf ankommen wird, kein Gegentor zuzulassen. Rehagels „kontrollierte Offensive“ wird also wieder die Runde machen, d.h. wenige Chancen und knappe Ergebnisse, dafür ausgeglichenere Begegnungen in einem Turnier in dem ohne „Losglück“- oder „Trainingsgegner“, gegen den man evtl. mal mit der zweiten Garnitur antreten kann. Sportlich steht für mich daher der Sieger dieses Turniers eine Nuance über dem Gewinner des Weltmeistertitels 2006 (1).

(1) Die Chancen dass der Weltmeister auch diesen Sommer mit einem Pokal nach Hause reist, stehen übrigens trotz „Todesgruppe“ nicht so schlecht. Denn wer die Gruppe C übersteht, dem ist alles zuzutrauen.