Was viele Bayernhasser und Fußballromantiker befürchtet haben, wurde gestern zur Gewissheit: Jan Schlaudraff wird ab dem 1. Juli 2007 für den FC Bayern München stürmen und das für die lächerliche Ablösesumme von einer Million Euro.
Die Unkenrufe sind nicht zu überhören: Warum wechselt so ein vielseitiger Offensivspieler zu einem Verein bei dem aufgrund der starken Konkurrenz geringere Chancen hat regelmäßig zum Einsatz zu kommen, als z.B. bei Werder Bremen, bzw. Borussia Dortmund die sich ebenfalls um eine Verpflichtung bemüht haben? Ist das Beispiel Podolski nicht abschreckend genug?
Nun, an talentierten Fußballern die in München eingegangen sind mangelt es wahrlich nicht. Eine kleine Auswahl: Pablo Thiam, Niko Kovac, Tobias Rau und Vahid Hashemian kamen voller Hoffnung als Leistungsträger und Stammspieler zum deutschen Rekordmeister, durften aber ihre Zeit aus den unterschiedlichsten Gründen auf der Ersatzbank verdienen. Einige haben augenscheinlich das Scheitern beim großen FC Bayern nicht verkraftet und sind in ihren heutigen Vereinen höchstens Ersatzspieler. Glaubt man den Prophezeiungen der Schwarzseher droht selbst Lukas Podolski ein ähnliches Schicksal.
Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen Schlaudraff/Podolski und den oben genannten Fehleinkäufen: Die beiden werden gebraucht, und zwar dringend.
Denn der FC Bayern München ist mitten im Umbau. Aufgrund den dürftigen Leistungen in dieser Saison, stehen alle Mannschaftsteile auf dem Prüfstand. Langjährige, verdiente Spieler stehen vor Ihrer (Zwangs-)Verrentung bzw. haben ihren Zenit (weit) hinter sich. Die Bayern-Verantwortlichen müssen den Kader kritischer den je betrachten, denn in Zeiten in denen man international nur die zweite oder dritte Geige spielt und das Dauerabonnement auf die deutsche Meisterschaft abzulaufen scheint, ist in der Mannschaft kein Platz mehr für Schönspieler, Mitläufer, Blindgänger und alte Säcke.
Schon bei Torwart Oliver Kahn kann man sich nicht zu 100% sicher sein, ob er nächstes Jahr noch spielen will bzw. das hohe Niveau noch halten kann. In der Verteidigung scheint Lucio seine Souveränität mit der Ankunft von Van Buyten gänzlich verloren zu haben. Für Philipp Lahm bzw. Sagnol fehlt ein Ersatz mit Potential für die Zukunft. Dazu läuft auch der Vertrag mit Andreas Görlitz aus.
Wie das Mittelfeld in der Saison 2007/08 aussehen wird, wagt niemand zu sagen: Owen Hargreaves will zu Manchester United, verständlich. Und bei 30 Mio. darf man auch mal schwach werden. Die Salihamidzic-Aktien sind auf dem absteigenden Ast und ich bezweifle ob Sie noch einmal die Kurve nach oben kriegen.
Ali Karimi wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht mehr an Bord sein. Seit seiner Verpflichtung zeigt er einfach zu wenig um eine Vertragsverlängerung zu rechtfertigen. Mehmet Scholl geht in den wohlverdienten Ruhestand und was aus Sebastian Deisler wird, der Dr. Müller-Wohlfahrt inzwischen öfter gesehen hat als seine Frau, steht allenfalls in den Sternen.
Im Sturm wird Roy Makaay (im März wird er 32) auch nicht jünger, dazu gesellt sich die Südamerika-Connection, bestehend aus einem –geldgierigen- Querulanten Claudio Pizarro und dem ewigen Talent und notorischen Leistungsverweigerer Roque Santa Cruz, die beide nicht mehr allzu lange an der Isar verweilen dürften.
Viele Fragezeichen am Horizont also. Als Offensivkraft kann Jan Schlaudraff nur in Mittelfeld und Angriff eine mögliche Lösung sein, denn er ist schnell, technisch beschlagen, kann dribbeln und torgefährlich. Er ist überall in der Offensive einsetzbar und mit einer Ablösesumme von 1.000.000 Euro genau 2,7mal so billig wie ein gewisser Herr Julio Daniel dos Santos RodrÃguez, der in nächster Zeit Wolfsburg und Umgebung auf Krücken erkunden darf.
Entgegen aller Ratschläge und Tipps hat er sich für den FC Bayern entschieden und nicht umsonst hat ihm Karl-Heinz Rummenigge einen Stammplatz in Aussicht gestellt, denn beide wissen: In der nächsten Saison wird die Bayern Mannschaft ein völlig anderes Gesicht haben. Das Transferkarussell ist eröffnet und es dreht sich schneller denn je – durchgehend bis zur Sommerpause.