Sporting Lissabon – Der falsche Gegner zur falschen Zeit

Nach den CL-Achtelfinalauslosungen im letzen Jahr, war ich mit dem Los Sporting Lissabon mehr als zufrieden. „Machbar!“ schoß es mir damals sofort durch den Kopf, doch heute bin ich mir dessen überhaupt nicht mehr sicher.

Gewiß, Sporting ist kein Club aus der Riege der „europäischen Riesen“, jenen Clubs, zu denen Klinsmann lt. seinem Mission Statement bei Amtsantritt aufschliessen will, jedoch sind sie gerade deswegen für Bayern gefährlich.

Das hat an Wochenende der Rivale Benfica durch die 2:3 Auswärtsniederlage bitter erfahren müssen. Selbiges könnte jetzt ebenfalls Bayern widerfahren, denn der deutsche Rekordmeister ist zur Zeit angeschlagen.

Drei Niederlagen aus vier Spielen in der mit viel Trara begonnen Rückrunde zeigen, daß die Bayern völlig aus der Spur laufen. Offensiv fehlen die zündenden Ideen und die Dynamik, um eine gut organisierte Verteidigung zu überwinden. Schlimmer noch: In den teilweise verzweifelten Versuchen, doch zum Torerfolg zu kommen rückt die Mannschaft zu weit auf und kassiert dann nach haarsträubenden Ballverlusten, durch gegnerische Konter jede Menge Gegentore, so viel wie schon seit langem nicht mehr.

Mögliche Gründe dafür sind (1) die eindimensional und leicht ausrechenbaren Angriffsbemühungen der Bayern, (2) fehlende (Top)Stürmer sowie die fehlende Bereitschaft, (3) läuferisch und kämpferisch alles, aber auch wirklich alles für die Mannschaft zu geben.

Ersteres ist offensichtlich: Die Bälle landen bei meist bei Ribery, der gefälligst irgendetwas sinnvolles damit anstellen soll. Daß die Gegner schon längst auf den Trichter gekommen sind und entsprechend gut organsiert gegen Froonck verteidigen, scheint sich bei den Bayern noch nicht herumgesprochen zu haben. Außerdem gibt es ja keinerlei Entlastung durch ein Spiel über die Mitte, bzw. über die rechte Seite. Apropos rechte Seite:
Momentan macht es WIRKLICH ÜBERHAUPT KEINEN SPASS Fussball zu schauen, vor allem wenn Schweinsteiger und Lell oft viel zu leichtfertig die Bälle herschenken. Dazu kommen keine Flanken von den beiden, keiner hat Ideen und keiner hat die Möglichkeiten um mal bis zur Grundlinie zu kommen und für Torgefahr zu sorgen. Das liegt aber insbesondere an der niedrigen Sprint- und Dribbelgeschwindigkeit bei Schweinsteiger, sowie Mängeln in der Ballbehandlung und Spielverständnis bei Lell.

Alternativen sind mit Oddo und Altintop keine wirklichen vorhanden, auch wenn ihr Einsatz momentan etwas mehr verspricht, als Schweinsteiger/Lell in der aktuellen Form.

Zweitens fehlen im Kader Topstürmer, die einen Toni oder Klose vertreten können. Ich habe schon oft genug angemahnt, daß es mehr als fahrlässig ist, mit nur drei Stürmern im Kader auf drei Hochzeiten tanzen zu wollen. Zu hoch ist die Belastung, genau wie die Verletzungsgefahr, zu oft gibt es Formschwankungen und Torflauten. Da ist es nur verständlich, das man einen gleichwertigen Mann auf der Bank hat, der den arrivierten Stürmern auf die Pelle rückt und den Platz in der ersten 11 bedroht, sich im Training anbietet und dafür auch immer mal wieder reinrotiert. Solch einen Stürmer sehe ich nicht beim FC Bayern nicht. Poldi ist es nicht und Donovan wird es auch nicht mehr werden, zumindest nicht mehr in diesem Leben.

Drittens habe ich den Eindruck daß es den Bayern schwer fällt, sich immer wieder für einen sturmlauf gegen defensiv gut stehende Gegner zu motivieren, insbesondere wenn es mal nicht gegen grosse Namen geht. Dazu scheint sich ein Gedanke der Überheblichkeit in die Köpfe einzuschleichen, der die Mannschaft in der Summe merkliche Prozente Leistung und somit viele Punkte kostet.

Bestes Beispiel ist das Verhalten nach eigenem Ballverlust – eine Spielsituation, die Hoffenheim z.B. um einiges besser macht: Geht der Ball verloren, ziehen sich nahezu ALLE Mannschaftsteile mit Höchstgeschwindigkeit hinter den Ball, machen die Räume eng, oder wenn es ganz knapp wird, greifen zum taktischen Foul um das Tempo im Spiel herauszunehmen.

Solch eine Spielweise erfordert vom Spieler total Aufmerksamkeit und ständigen Einsatz nahe der Leistungsgrenze. Hier ist insbesondere der Trainer Klinsmann gefordert. Er muss seine Mannschaft fordern, bissig und hungrig halten, ihr quasi die Gier auf den Sieg einimpfen. Momentan habe ich nicht den Eindruck, dass _irgendein_ Bayern-Spieler sich in diesen Dimensionen bewegt. Statt dem Gegner mit Biss und Galle entgegen zu gehen, wird phlegmatisch im Raum gestanden, statt bei gegnerischem Ballbesitz zu doppeln, wird gemächlich zurückgetrabt und in Situationen, die mit etwas Antizipation entschärft werden könnten, werden falsche Entscheidungen getroffen, die der Gegner dann meist bestraft.

Sporting Lissabon ist auch deswegen der falsche Gegner zur Unzeit, da Sie gewohnt sind auf ihre Chance zu lauern und das kompakte verteidigen gut beherrschen. Sie sind – auch durch den Sieg gegen Benfica – top motiviert dem nächsten Favoriten das Leben gehörig zu erschweren und in Anbetracht momentanen Form der Bayern fürchte ich sogar, dass es ihnen gelingen könnte und da bin ich ganz und gar nicht der einzige.

Klinsmann muss die Mannschaft bis in Haarspitzen motivieren und deutlich die Defizite im Spielaufbau und in der Rückwärtsbewegung ansprechen. Nach den Ligapleiten würde ein Rückschlag in der champions League weitere Zweifel an seiner Befähigung als Bundesligatrainer aufkommen lassen, dabei ist er zwischen einer unmotiviert daherkommenden Mannschaft und einer realitätsfernen, aber besserwisserischen Vereinsführung, die ärmste Sau von allen.

10 Gedanken zu “Sporting Lissabon – Der falsche Gegner zur falschen Zeit

  1. Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Zustimmung in allen Punkten. Trotzdem bleibt die Hoffnung, dass Sportings „Serie“ gegen deutsche Teams nicht reißt (nie gewonnen, nie durchgesetzt).

    Ein Mysterium bleibt allerdings trotz allem, dass eine komplette Mannschaft so neben der Spur sein kann, sich (fast) bis zum letzten eingesetzten Mann eine geistige und körperliche Auszeit nimmt, als ginge sie das alles, was sie da tun nichts an.

    Hoffe nur, dass ich heute nacht lächelnd in die Kissen fallen kann, statt in selbiges beißen zu müssen . . .

  2. Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Zustimmung in allen Punkten. Trotzdem bleibt die Hoffnung, dass Sportings „Serie“ gegen deutsche Teams nicht reißt (nie gewonnen, nie durchgesetzt).

    Ein Mysterium bleibt allerdings trotz allem, dass eine komplette Mannschaft so neben der Spur sein kann, sich (fast) bis zum letzten eingesetzten Mann eine geistige und körperliche Auszeit nimmt, als ginge sie das alles, was sie da tun nichts an.

    Hoffe nur, dass ich heute nacht lächelnd in die Kissen fallen kann, statt in selbiges beißen zu müssen . . .

  3. Ja, der Samstag hallt bei mir auch immer noch mächtig nach, weswegen ich heute eigentlich keine großen Erwartungen ans Spiel habe.

    Andererseits erinnere ich mich noch an die Vorrunde, als es bei uns so gar nicht lief und dann ein CL-Spiel gegen Lyon anstand. Und da lief es dann plötzlich. Vielleicht wiederholt sich das ja heute wieder.

    Man wird ja noch hoffen dürfen…

  4. Ja, der Samstag hallt bei mir auch immer noch mächtig nach, weswegen ich heute eigentlich keine großen Erwartungen ans Spiel habe.

    Andererseits erinnere ich mich noch an die Vorrunde, als es bei uns so gar nicht lief und dann ein CL-Spiel gegen Lyon anstand. Und da lief es dann plötzlich. Vielleicht wiederholt sich das ja heute wieder.

    Man wird ja noch hoffen dürfen…

  5. Ich sehe das etwas anders. Ich finde, dass Sporting der richtige Gegner zur richtigen Zeit ist. Wäre es besser, wenn wir heute Abend gegen ein Team wie Inter Mailand, Real Madrid, Atletico, Villarreal, Chelsea oder Arsenal spielen müßten? Für den unbeständigen FCB sind die Portugiesen die schwachsten Gegner, ganz klar. Das heutige Spiel in Lissabon ist die perfekte Gelegenheit für die bayerische Wiedergutmachung.

  6. Ich sehe das etwas anders. Ich finde, dass Sporting der richtige Gegner zur richtigen Zeit ist. Wäre es besser, wenn wir heute Abend gegen ein Team wie Inter Mailand, Real Madrid, Atletico, Villarreal, Chelsea oder Arsenal spielen müßten? Für den unbeständigen FCB sind die Portugiesen die schwachsten Gegner, ganz klar. Das heutige Spiel in Lissabon ist die perfekte Gelegenheit für die bayerische Wiedergutmachung.

  7. @Chicken: Na? hast du seelig lächelnd im Bett gelegen? :) Sollte eigentlich gepasst haben.

    @elmarinho/Catalin: Mir steckt der Samstag auch lange im Hals, weswege ich mich auch genötigt sah, diesen langen Artikel rumterzuschreiben.

    Das Ergebnis gestern her 2-3 Tore zu hoch, das Spiel in der 2. Halbzeit ganz okay. Allerdings waren da immer noch 40 Minuten voller Grausamkeiten, dich ich ganz ganz schnell vergessen möchte. (Was erlauben Micho?)

    Fakt ist: Jetzt können alle mal durchschnaufen – aber bloß nicht zurücklehnen. Bremen ist ebenfalls angeschlagen und wir sind in solchen Situationen ja immer ein gern gesehener Aufbaugegner.

  8. @Chicken: Na? hast du seelig lächelnd im Bett gelegen? :) Sollte eigentlich gepasst haben.

    @elmarinho/Catalin: Mir steckt der Samstag auch lange im Hals, weswege ich mich auch genötigt sah, diesen langen Artikel rumterzuschreiben.

    Das Ergebnis gestern her 2-3 Tore zu hoch, das Spiel in der 2. Halbzeit ganz okay. Allerdings waren da immer noch 40 Minuten voller Grausamkeiten, dich ich ganz ganz schnell vergessen möchte. (Was erlauben Micho?)

    Fakt ist: Jetzt können alle mal durchschnaufen – aber bloß nicht zurücklehnen. Bremen ist ebenfalls angeschlagen und wir sind in solchen Situationen ja immer ein gern gesehener Aufbaugegner.

  9. Genau! Wir dürfen Bremen nicht als Aufbaugegner in der Liga dienen. Ich prohezeihe mal – in meinem jugendlichen Leichtsinn – eine Siegesserie, wenn wir am So in Bremen gewinnen!

  10. Genau! Wir dürfen Bremen nicht als Aufbaugegner in der Liga dienen. Ich prohezeihe mal – in meinem jugendlichen Leichtsinn – eine Siegesserie, wenn wir am So in Bremen gewinnen!

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